Nationalparkmarathon in Scuol 2014

Am 30. August war es dann soweit: Im schweizerischen Scuol fiel der Startschuss zu meinem nächsten Saisonhöhepunkt und dem Highlight im Spätsommer, einem extremen Marathon, wie ich ihn bis dahin noch nicht gefahren war, doch davon später mehr, denn Jakob und Günter waren ebenfalls unterwegs. Sie hatten sich die Kurzstrecke mit immerhin 1000hm und 47km ausgesucht. Start war in S-chanf und Ziel in Scuol. Hier gab es eine spezielle "Groß und Klein" Wertung, also ein Kind bis maximal 16 Jahre und ein Erwachsener bildeten ein Team, das innerhalb von 2min im Ziel ankommen musste, um in diese Wertung zu kommen. Um 9:45 Uhr fiel auf dem Militärgelände von S-chanf der Startschuss. Die Strecke verlief auf rasanten Forstwegen immer am Inn entlang ins Tal. Allerdings wurden auch fleißig Höhenmeter gesammelt, dadurch dass immer wieder Gegenanstiege auf der Strecke warteten. Jakob und Günter waren immer zusammen unterwegs und erreichten nach 15km die Ortschaft Zernez. Hier folgte ein kurzer gemeiner Anstieg auf schwer zu tretendem Untergrund. Der Kurs verlief weiter bis nach Lavin. Hier stand ein längerer Anstieg mit einem Höhenunterschied von 300hm bis nach Ftan auf dem Programm. Zwischendurch kam man durch Guarda, dort feuerten etliche Zuschauer mit schweizer Kuhglocken die Fahrer lautstark an. Die Strecke war nicht besonders steil, sondern stieg nur sanft an, sodass es einige Zeit dauerte bis die 300hm bewältigt waren. Dabei kamen immer wieder ein paar kurze Abfahrten natürlich verbunden mit den Gegenanstiegen hinzu. Oben in Ftan folgte dann eine rasante Schotterabfahrt bis nach Scuol. Das Ziel erreichten Jakob und Günter als 13. von 58 in der "Groß und Klein" Wertung, was sehr gut war, da hier auch 16 jährige zugelassen waren. In der Herrenwertung reichte dies für Platz 200 mit einer Zeit von 2h4min bei knapp 500 Männern.

Ich hatte mich für die Valladerstrecke mit sagenhaften 137km und hammerharten 4020hm entschieden. Start war um 7:15 in der Früh in Scuol. Wir waren bereits am Tag vorher angereist und hatten praktischerweise einen Campingplatz direkt neben dem Ziel als Quartier ausgesucht. Frühstück gab es schon um 6  Uhr in der benachbarten Eishalle. Der Start verlief problemlos und es stand gleich ein langer Anstieg über 1100hm zum 2250m hohen Costainaspass an. Ich kannte den Anstieg bereits aus einer Alpencross, weshalb ich mit meinen Kräften erstmal haushielt und auf dem wenig steilen Forstweg bis ins Gebirgsdorf S-charl hochfuhr. Das Wetter war ziemlich kühl und es fing auch noch an leicht zu nieseln. Ich zog mir schnell eine Regenjacke an, denn der Regen hörte nicht auf und auf der Auffahrt wurde man durch die vielen Pfützen ziemlich nass und dreckig. Der letzte Teil des Anstiegs verlief über einen matschigen Trail. Die Abfahrt nach Fuldera folgte über einen nassen Forstweg und Fuldera erreichte ich nach exakt 2h Fahrzeit auf Platz 309. Der Regen hörte zum Glück pünktlich zur zweiten Auffahrt auf. Hier standen 650hm zum 2230m hohen Döss Radond an. Auf der angenehmen Steigung über einen gut fahrbaren Forstweg überholte ich bereits hier einige, die sich wohl am ersten Anstieg etwas übernommen hatten. Danach folgte eine traumhaften Querung durchs Val Mora zunächst über einen Forstweg, dann über einen genialen Trail, der immer gut fahrbar am Hang entlangführte. Allerdings musste man auf dem handtuchbreiten Pfad immer aufpassen, da es an der Seite ca. 30m zu einem Bach runterging. Allerdings war es ziemlich kalt und ich sah ein paar Fahrer, die wegen Unterkühlung aufgeben mussten. Ich war mit langärmligen Trikot und Regenjacke aber gut gerüstet und fühlte mich stets gut, so konnte ich auch problemlos den Anstieg über 300hm zum 2300m hohen Alpisella überwinden. Auch hier passierte ich einige Fahrer. Die Abfahrt zum Lago di Livigno ging ich eher vorsichtig an, da der schmale Forstweg immer wieder gefährliche Stellen bereit hielt. Hier büste ich wieder ein paar Plätze ein. Bis Livigno hatte ich wieder einige Plätze gut gemacht und lag auf Platz 264. Hier startete der Anstieg über 900hm zum 2700m hohen Chaschaunapass. Der erste Teil verlief über einen gut fahrbaren Forstweg. Dann erreichte man eine brutale Schotterauffahrt, wo die ersten schon unten kapitulierten und das Rad schoben. Ich fühlte mich gut und überholte zahlreiche Fahrer. Nach 300hm wurde der Weg nochmal steiler und ich musste auch schieben. Durch den Regen war der Untergrund zudem auch noch aufgeweicht. Auf den letzten 150hm wurde der Weg nochmal steiler und schmaler, sodass selbst die besten hier schieben mussten. Oben hatte es dann eine Temperatur von 6° Celsius. Die Abfahrt ins Tal war völlig verschlammt und durch die Steigung ziemlich gefährlich. Ich war heilfroh als ich S-chanf unbeschadet erreicht hatte. Inzwischen hatte ich mich auf Platz 217 vorgearbeitet. Die letzten Kilometer waren identisch mit denen der Kurzstrecke. Ich hatte ein überraschend gutes Gefühl und fuhr in einer Gruppe fast immer vorne im Wind. Die anderen waren einfach zu fertig, um mich mal abzulösen. Bei dem Anstieg in Zernez konnte ich dann meine Mitstreiter abschütteln. Der Anstieg über 300hm nach Ftan war dann unglaublich zäh. Überall hing der Matsch fest und es knarrte bei jeder Umdrehung. Die 137km und 4020hm bewältigte ich in genau 8h4min auf Platz 209 von fast 600 Fahrern. Gewonnen hat Christoph Sauser in einem spannenden Finish vor dem schweizer Meister Urs Huber in 5h:36min mit einem Vorsprung von winzigkleinen 0,3 Sekunden.
Der Event war bis ins kleinste Detail mit schweizerischer Gründlichkeit durchgeplant. Die sechs Verpflegungsstationen waren super organisiert, nur das Wetter hätte etwas besser sein können. Ich bin auch ein wenig stolz, eine solche Strecke ohne größere Schwierigkeiten bestreiten zu können!


Gruß Paul