Nationalparkmarathon in Scuol

Relativ kurzfristig entschloss ich mich zwischen den Prüfungen zu einem Start bei einem großen Klassiker, dem Nationalparkmarathon in Scuol. Natürlich gönnte ich mir mit 137km und 4000hm auf der Langstrecke die volle Dröhnung. Das Wetter war mit bis zu 30 Grad fast schon zu gut, aber besser als Dauerregen ist es allemal. Dazu kommt die absolut traumhafte Strecke mit super schönen Blicken in die Bergwelt und mit Huber, Lakata, Käss, Porro, Geismayr waren einige der besten Marathonfahrer am Start.

 

Nach einer Nacht im Caddy war die erste Hürde der frühe Start um 7:15, was aber auch den Vorteil hat, dass es in der Früh noch nicht ganz so heiß ist. Am ersten langen 1000hm Anstieg zum Costainaspass sortiert sich das Feld erst einmal. Ich überholte viele, hatte aber keine wirkliche Referenz auf welcher Platzierung ich unterwegs war. Ich wollte am Anfang auf keinen Fall überziehen und probierte ein stetig, zügiges Tempo zu finden, was gar nicht so leicht war, da der Anstieg eher ungleichmäßig verläuft, mal flach, mal steil, mal Trail, mal Forstweg. Nach der schnellen Abfahrt, erreichte ich das Münstertal bereits nach 1h39min als 89. Der nächste Teilabschnitt ist ein besonders schöner: Nach der gleichmäßigen 700hm Auffahrt folgt mit dem Trail durchs Val Mora ein sowohl landschaftliches, als auch streckenmäßiges Highlight. Vor Livigno muss noch der 300hm lange Anstieg zum Alpisella bewältigt werden. Vom Münstertal bis Livigno konnte ich sieben Plätze gut machen, bis mit dem Chaschaunapass der meistgefürchtete Abschnitt der Strecke kommt. Der Pass liegt auf 2700m und man zählt die Höhenmeter einzeln. Das liegt daran, dass es von Livigno weg schon ein paar unangenehme Rampen gibt, bis dann der eigentliche Monsteranstieg beginnt. Es ist von Anfang an brutal steil und es interessiert einen nicht was die anderen Fahrer machen, sondern man kämpft nur gegen den Berg. Die Profis fahren fast bis ganz rauf, bei mir war 300hm vorher Schluss, den Rest musste ich dann schieben. Auf der anderen Seite geht es einen Trail genauso steil runter wie auf der anderen Seite rauf. Ich konnte in diesem Abschnitt bis S-canf nochmal neun Plätze aufholen. Im letzten Abschnitt geht es meist flach bergab mit immer wieder kurzen steilen Anstiegen, wo sich bis Scuol auch nochmal 1000hm zusammenaddieren. Ich brachte einen ziemlich guten Druck aufs Pedal und sammelte immer wieder Fahrer ein. Als ich mich dann umdrehte, hingen auf einmal sechs andere im Windschatten, darunter auch zwei Frauen. Die einzigen, die mich vorne mal ablösten, waren interessanterweise die beiden Frauen und ein Franzose, der aber schon einen ziemlich fertigen Eindruck machte und das Tempo vorne nicht lange durchziehen konnte. Das ging über 25km so dahin bis Lavin, wo es dann nochmal bergauf geht bis ins kleine Bergdorf Ftan. Der Anstieg ist mit 300hm recht kurz und auch eher flach. Dafür knallt die Sonne so gegen halb zwei mittags richtig schön hinein und man hat das Gefühl, dass der Anstieg nicht aufhört. Aufgrund der geringen Neigung gewinnt man auch kaum an Höhenmetern. Zudem geht es immer wieder bergab und man weiss dann immer: Mist das fahr ich gleich wieder hoch! Unsere Gruppe fiel völlig auseinander. Die eine Frau zog unaufhaltsam davon, sowie die drei Herren, die sich vorher in der Ebene nicht an der Führungsarbeit beteiligten, hatten auch noch ungeahnte Reserven. Ich löste auf den letzten Metern noch gewaltig den Parkschein, hatte das Gefühl ich komme gar nicht mehr vom Fleck und war froh, als die letzte kleine Rampe endlich geschafft war. Die Konzentration war weg und ich eierte irgendwie die Abfahrt hinunter nach Scuol und erreichte das Ziel als 71. nach 7h4min.

 

Über das Ergebnis bin ich äußerst zufrieden. Es ist erst das zweite Mal, dass ich eine solche Ultrastrecke bewältigt habe (das andere Mal war vor zwei Jahren am selben Ort, aber eine Stunde langsamer auf identischer Strecke). Gewonnen hat in einem knappen Finish der Schweizer Urs Huber 5s vor Alban Lakata und 25s vor den beiden Centurion Vaude Fahrern Käss und Geismayr in einer Zeit von 5h26min, was einfach unglaublich ist, wie man eine solche Strecke mit einem 25er Schnitt bewältigen kann.

 

Die Strecke ist das eine was wahnsinnig gut ist, das andere ist die Organisation. Perfekt ausgestattete Verpflegungsstationen, die einem Getränke in Flaschen, Riegel, Gels, Bananen und anderes in die Hand reichen, ohne dass man anhalten muss. Dazu kommt ein kleines Gastgeschenk, Frühstück und super freundliche Leute!

 

 

Gruß Paul